Antrag: FÖRDERPROGRAMM „Demokratie vor Ort“

Der Rheingau-Taunus-Kreis initiiert ein Förderprogramm „Demokratie vor Ort“. Dafür wird der Sperrvermerk an Pos. 15 „Maßnahmen zur Demokratieförderung und Extremismusprävention“ im Produktbereich 5 (Soziale Leistungen) des Haushaltsplans 2022 aufgehoben. Von den angesetzten 20.000 EUR werden 15.000 EUR für das Förderprogramm „Demokratie vor Ort“ eingesetzt.

Das Förderprogramm „Demokratie vor Ort“ versteht sich als Ergänzung zu dem bundesweiten Förderprogramm „Demokratie leben“ und soll Projekte aus dem Rheingau-Taunus-Kreis oder mit direktem Bezug zum Rheingau-Taunus-Kreis finanziell unterstützen, die mindestens folgende Kriterien erfüllen:

  • Bildungs- und Aufklärungsprojekte zu gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und Extremismus mit dem Ziel der Sensibilisierung und des präventiven Umgangs mit den Vorstufen;
  • Projekte für Förderung des sozialen Zusammenhalts und Miteinanders, zum interkulturellen Kontakt und Dialog, bei denen dies im Vordergrund steht (davon ausgenommen sind kulturelle Veranstaltungen, bei denen der ästhetisch-künstlerische Ausdruck im Vordergrund steht);
  • schwerpunktmäßig Angebote an den Schulen, in den Jugendzentren und andere organisierte Jugendgruppen;
  • unmittelbarer Bezug zum Rheingau-Taunus-Kreis, bspw. über die Fokussierung auf hier angesiedelte Bildungseinrichtungen.

Gefördert wird projektbezogen. Es können auch Projekte gefördert werden, die bereits bestehen, sich als erfolgreich hervorgetan haben und bereits anderweitig gefördert sind. Die maximale Fördersumme beträgt 2500 EUR. Erfüllen mehr Projekte die oben genannten Kriterien, als Mittel zur Verfügung stehen, so ist der Einreichungszeitpunkt entscheidend für die Bewilligung der Förderung („first come, first served“). Die Bewerbung auf die Projektförderung „Demokratie vor Ort“ soll unbürokratisch erfolgen; der Förderantrag soll nicht länger als eine DIN-A4-Seite lang sein und neben den Rahmendaten nur ein kurzes projektbeschreibendes Exposee beinhalten.

Die Entscheidung zur Projektförderung soll bei der Fachstelle für Demokratieförderung und Extremismusprävention in der Kreisverwaltung liegen.

Den zuständigen Ausschüssen für Schule, Bildung und Sport sowie dem Ausschuss für Hauptsachen, Finanzen, Wirtschaft und Digitalisierung ist regelmäßig über die Vergabe der Fördermittel zu berichten.

Begründung:

Demokratie muss gelernt und geübt werden. Das Zentrum der Demokratiebildung soll dabei das einigende Band einnehmen, welches aus den Grundwerten unseren deutschen und europäischen Verfassungstradition erwächst: Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, die Gleichheit aller Menschen und der Geschlechter sowie ein selbstbestimmtes Leben für alle.

Leider müssen wir feststellen, dass Teile unserer Gesellschaft sich aus diesem einigenden Band gerissen haben und sich sukzessive radikalisieren. Die Anschläge in Hanau, Halle und Kassel, aber auch neuere Berichte über radikalisierte Corona-Leugner, die Gewalttaten vorbereiten, zeigen Handlungsbedarf an. Brisant ist in diesem Zusammenhang auch, dass der rechtsextremistische Attentäter des CDU-Politikers Walther Lübcke aus dem Rheingau-Taunus-Kreis kommt. Die Feinde unserer Demokratie sind vor Ort angekommen. Dieser Antrag zur Einrichtung eines Förderprogramms „Demokratie vor Ort“ stellt eine unmittelbare Reaktion auf diese Entwicklung dar.

Das Programm soll einerseits für bestehende Projekte zur Demokratiebildung, wie z. B. „Mission: Wir alle“ der Philipp-Kraft-Stiftung im Rheingau, eine weitere Finanzierungssäule darstellen; andererseits soll mit „Demokratie vor Ort“ ein Anreiz geschaffen werden, neue Projekte zur Demokratiebildung im Rheingau-Taunus-Kreis ins Leben zu rufen.

Im Haushalt 2022 sind zusätzliche 15.000 EUR bei Pos. 15 „Maßnahmen zur Demokratieförderung und Extremismusprävention“ im Produktbereich 5 (Soziale Leistungen) vorgesehen. Diese Mittel wurden in den Haushaltsverhandlungen mit einem Sperrvermerk versehen, um zunächst zu klären, wie die Mittel effektiv eingesetzt werden können. Dieser Antrag zielt darauf ab, den Einsatz dieser Haushaltsmittel zu klären. Das Förderprogramm ist zudem detailliert skizziert und kann so möglichst zügig umgesetzt werden.

Darüber hinaus würde der Rheingau-Taunus-Kreis mit einem solchen Förderprogramm beispielhaft voran gehen und als Schulträger den (auch außerschulischen) Bildungsauftrag auf die regionale Demokratiebildung erweitern. Im letzten Jahr hat der Kreistag mehrere Förderprogramme für andere wichtige Gesellschaftsbereiche beschlossen, z. B. „Zukunft Sportvereinsarbeit“ (DS XI/212), um den Sportvereinen eine unbürokratische Finanzhilfe zukommen zu lassen. Auch Vereinsarbeit ist Demokratieförderung! Diese angewandte Form von Demokratiebildung soll mit „Demokratie vor Ort“ durch grundlegende Bildungsangebote ergänzt werden. Mit demokratischer Praxis unterfütterte Demokratiebildung ist schlussendlich das wirksamste Gegenmittel gegen demokratiefeindliche Strömungen. Ein regionales Förderprogramm zur Demokratiebildung ist somit unerlässlich.