Kinderbetreuung und Fachkräftemangel

Die Bertelsmann-Stiftung hat diese Woche wieder einen rausgehauen. Dieses Mal geht es um Kindergärten und inwieweit der gesetzliche Betreuungsanspruch, den wir ja schließlich schon seit 2013 haben, umgesetzt wurde.
Für uns GRÜNE ist es nicht leicht, dem langsamen Erstickungstod der Betreuungsgarantie zuzusehen. Wir sind seit unseren Gründungstagen an dem Thema dran. Mit mehr Ideen und Lösungen, als man umsetzen kann scheitern wir seit Jahrzehnten an der Blockade der Konservativen und geringen Priorität, die das Thema bei den großen bürgerlichen Parteien einnimmt. Jetzt fällt es uns als Gesellschaft auf die Füße.

Wie wir alle wissen gleicht es, je nachdem wo man wohnt oder hinzieht, einem Lottospiel ob man einen Betreuungsplatz für sein Kind bekommt. Dabei gibt es nicht nur einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für das Kind, das dort frühkindliche Erziehung und Förderung genießen kann und soll. Nicht nur das Kind und seine Entwicklung fällt in den Schutzbereich des Gesetzes, sondern auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für die Eltern. Für viele Eltern ist das genau so relevant – für Alleinerziehende z.B. existenziell wichtig, doch es wird immer wieder vermischt und verwechselt oder gleichgesetzt.

Jetzt hat die Bertelsmann-Stiftung rausgefunden, dass im Osten eben die Gruppen sehr voll sind und eine fachgerechte Betreuung und Förderung kaum noch möglich ist, während man im Westen zu weniger Qualitätskompromissen bereit war und stattdessen besonders viele Kinder/Eltern ohne Betreuungsanspruch dastehen.

  • Im Osten fehlen 44.000 Kitaplätze, die Betreuungsquote liegt bei 5,4 (Krippe) und 10,5 (KiGa).
  • Im Westen fehlen 385.000 Kitaplätze, Betreuungsquote liegt bei 3,4 (Krippe und 7,7 (KiGa).

Hier gibt’s die Studie: Homepage Bertelsmann/ Hessen-Studie als PDF

Die Bertelsmann-Stiftung weist dann auf ein paar kurz- und langfristige Maßnahmen hin, die sich in dem Handlungsspielraum der Politik zu befinden scheinen. Zu den einzelnen Maßnahmen zählen natürlich die verstärkte Personalgewinnung, ob durch Aufstockung der Mittel oder Öffnung für Quereinstiger*innen. Vor allem im Westen gilt als kurzfristige Maßnahme die Verkürzung der Betreuungszeiten, um den Übergang vom aktuellen Mangel bis zur Anspruchserfüllung zu überbrücken. Besonders für Alleinerziehende bedeutet das ein kaum überwindbares Hindernis für eine Vollzeitbeschäftigung und damit eine starke Erhöhung des Armutsrisikos.

Quelle: FAZ link

Bei uns im Rheingau-Taunus-Kreis sind die Zahlen sehr heterogen. Mitte ´22 hatten wir in Bad Schwalbach 127 Kita-Plätze zu wenig, also Plätze, die Eltern wirklich gewollt und nicht nur einen Rechtsanspruch darauf hätten. In Taunusstein waren es zu diesem Zeitpunkt 123 unerfüllte Betreuungswünsche, Heidenrod 60, Lorch 37, Idstein hingegen hatte 21 Plätze zu viel. Wie kann der Kreis Gemeinden dabei unterstützen, mehr Personal in die Einrichtungen zu bekommen?

Wir GRÜNEN haben Anfang diesen Jahres im Kreistag die PiVa gestärkt. Wer in Deutschland Erzieher*in werden will, muss sich i.d.R. auf 5 Jahre ohne wirkliche Einkünfte einstellen. Wenn man dann nicht mehr zuhause wohnt, ist das kaum zu schaffen. Hier setzt die PiVa (PraxisIntegrierteVergüteteAusbildung) an und ermöglicht es, Quereinsteigern eine Qualifikation als Erzieher*in zu bekommen. Diese eine, konkrete Maßnahme kann den KiTa Notstand allein nicht abschaffen. Es muss in Zukunft generell mehr Geld in die Hand genommen werden, um eine Betreuungsgarantie auch zu erfüllen.

Dazu müsste allerdings erst die Priorität für das Thema erhöht werden. Wir freuen uns, dass alle Parteien, das Thema wichtig finden, also jedenfalls schon mal keine Partei „egal“ in ihr Wahlprogramm schreibt. Doch, dass das Thema außer bei uns wirklich als essenziell wichtig angesehen wird, davon merken wir nicht viel. Vielleicht liegt es an dem Schwerpunkt „Geschlechtergerechtigkeit“, der damit immer verbunden wird. Doch da gibt es noch einen anderen Punkt, der ebenfalls extrem interessant ist. Und das ist der Fachkräftemangel.

Die FAZ hat mal recherchiert, dass eine einzige, winzige Stunde mehr Betreuung am Tag in Deutschland insgesamt 77.000 besetzten Vollzeitstellen entspräche. SO eine große Stellschraube ist Betreuung nämlich und wenn es um Fachkräfte und Wirtschaft und Geld verdienen geht, müssten wir dann nicht auch die Aufmerksamkeit von politischen Gruppen bekommen, die man mit Begriffen wie „Geschlechtergerechtigkeit“, „unsichtbare Arbeit“, und „historische Rollenbilder“ nicht hinter dem Ofen vorlocken kann.

Wenn ihr euch für das Thema interessiert, weil ihr mangels Betreuungsplatz zuhause gestrandet seid oder ihr mit uns gemeinsam für eine Verbesserung der Qualität der Betreuung kämpfen wollt… dann kommt zu uns GRÜNEN und arbeitet mit uns!