Rede von Dominik Lawetzky im Kreistag vom 01.11.2022:
Liebe Kolleginnen und Kollegin,
geehrter Herr Vorsitzender,
37.000 Kita-Plätze fehlen uns in Hessen. Und auch bei uns
sieht es nicht rosig aus. Auf Grundlage einer
Verwaltungsvorlage aus dem Mai habe ich mal überschlagen,
wie groß die Diskrepanzen zwischen rechtlichem
Betreuungsanspruch und Kapazitäten ist.
Zum Beispiel in Bad Schwalbach decken die Kapazitäten
gerade einmal 68 Prozent des möglichen Betreuungsanspruchs
ab. In Lorch sind es 67 Prozent, in Niedernhausen 86 Prozent.
Selbst wenn man berücksichtigt, dass in Hessen nur etwa 90
Prozent der Eltern ihre Kinder in die Betreuung geben, bleibt
eine große Kluft zwischen Angebot und Nachfrage. Für einige
Kommunen ist diese Kluft 100 Familien groß.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch – gerade die
Bürgermeister der genannten Kommunen. Ich glaube Ihnen,
dass Sie beste Absichten haben, die Betreuungssituation in
Ihrer zu verbessern. Schließlich ist die Kita-Versorgung auch
ein Standortfaktor. Wenn junge Eltern aus der Stadt ins Land
ziehen – aus oft guten Gründen, kann die Kita oder später die
Schule ein ausschlaggebender Faktor bei der Wahl der neuen
Heimat sein.
Eine gute Kita-Versorgung sollte in unserer aller Interesse sein.
Nur mal zwei oft übersehene Effekte:
- Eltern, die sich auf die sichere Betreuung ihrer Kinder
verlassen können, haben die Möglichkeit, sich mehr in die
Arbeitswelt einzubringen. Wirtschaftlich gesehen sind
unfreiwillige Stay-At-Home-Modelle katastrophal. Gerade
für den Kreis, der für den Rechtsanspruch haftbar
gemacht wird und Erwerbsausfälle aus Steuermitteln
ausgleichen muss. - Eine frühes Miteinander in der Kita bringt Kinder und
Familien zusammen. Das stärkt das gesellschaftliche
Miteinander. Außerdem trägt die Teilhabe in einer Kita
substantiell zum schulischen und nachfolgend beruflichen
Erfolg bei. Das mag jetzt abstrakt wirken, aber wenn wir in
der Arbeitswelt von “Soft Skills” reden, dann meinen wir oft
Basics, die schon unsere kleinsten Mitbürger*innen lernen
– Teamplay, Konflikte gewaltfrei lösen und eine aktive
Suche nach konstruktiver Unterstützung.
Lange Rede, kurzer Sinn: Wir brauchen einen Plan, wie wir die
Kita-Betreuung im Rheingau-Taunus-Kreis verbessern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
der “Pakt für die Kita”, wie wir ihn vorschlagen, sieht vor, dass
der Kreis dabei eine verantwortungsbewusste, koordinierende
Rolle einnimmt. Er soll unterstützen bei der Bedarfsanalyse. Er
soll innovative Ausbildungsmodelle wie die praxisintegrierte
Vergütung stärken und die Kommunen beim Staffing
unterstützen.
So ist der “Pakt für die Kita” ein Unterstützungsangebot für die
Kommunen, das in die rechtliche Dynamik passt: Denn der
Kreis haftet am Ende des Tages. Wer haftet, verantwortet. Wir
müssen besser werden, dieser Verantwortung gerecht zu
werden.